Tag 4: Do. 7.7.
Kangerlussuaq - Sisimiut

Um 4 Uhr weckte uns Astrid. Die Nacht war zwar sehr kurz, aber dafür hatte ich wieder super geschlafen. Gegen 5 Uhr sollte uns der LKW abholen und zum Flughafen in Kangerlussuaq fahren. Bis dahin mussten wir uns Brote vorbereiten und unsere Sachen und die Zelte verpacken. Ja, wir sind hier nicht in Südamerika, und so war das Auto überpünktlich. Auf der holprigen Strecke wurden wir dann auch endlich richtig wach. Im Flughafen erfuhren wir bei einem Kaffee, dass gestern in der Nähe ein Eisbär aufgetaucht sei. Dazu muss man wissen, dass wir weit weg von Eisbärengebieten sind. Die gibt es auf Grönland nur im Norden und dort vor allem eher östlich. Niemand wusste, wie er hierher gekommen sein konnte. Schwimmen? Dass wären dann fast 2000 km und ohne Eisschollen. Möglicherweise über das Inlandeis. Aber auch da musste er fast 1000 km ohne jede Nahrung gelaufen sein. Er wurde auf ein Alter von ca. 2 Jahren geschätzt und war damit ca. 2 m lang. Und er war sehr aggressiv, bedingt durch den Nahrungsmangel ist das aber sehr verständlich. Eisbären sind die einzigen Tiere, die den Menschen als Futter ansehen, so wie alles andere auch, was fleischlich ist. Ein Zusammenleben mit Menschen ist völlig undenkbar und deswegen wurde er auch erschossen. Leider wurde er kurz vor unserer Ankunft in die Hauptstadt Nuuk transportiert, sodass wir ihn nicht zu Gesicht bekamen.

Um 7:40 Uhr war Abflug. Mit einer Dash 7 flogen wir eine halbe Stunde an die Westküste nach Sisimiut. Dabei überflogen wir das breiteste eislose Gebiet der Insel. Ein graugrünes Sammelsurium aus Stein und Tauwasserseen. In Sisimiut erwartete uns wieder Nieselregen. Taxis brachten uns zum städtischen Zeltplatz. Zeltplätze in Grönland sind daran zu erkennen, dass sie auf irgendeiner Karte eingezeichnet sind. Meist sind es steinige Gebiete, wo möglicherweise ein Plastiksackplumpsklohäuschen steht. Man hat eigentlich keine Chance sie zu erkennen. Man muss es eben wissen. Und wir hatten unsere Wisserin Astrid dabei.

Um eine grönländische Großstadt wie Sisimiut existiert meist ein Außenring, wo im Sommer die zum Nichtstun verdammten Schlittenhunde angekettet werden. Das sind dann mehrere tausend Hunde, die die meiste Zeit ihres Lebens angeleint sind. Dementsprechend hört man immer zig kläffende Hunde. Vor allem, wenn es aller 3 Tage Futter gibt. Zahm sind sie nicht und manchmal stehen Schilder, dass man sie nicht anfassen solle. Zufälligerweise befinden sich Zeltplätze auch in dieser Gegend. Junge Hunde, bis zum Alter von 6 Monaten, laufen frei umher, damit sich die Muskulatur gut entwickeln kann. Da sie an der Mutter hängen, laufen sie auch nicht weg. Zumindest nicht weit weg. In unserem Fall fanden sie genau das eine Küchenzelt, was den Zeltplatz besiedelte, höchst interessant und wollten unbedingt wissen, was da drin sei. Mit ihren kleinen spitzen Zähnen hatten sie ganze Arbeit geleistet. Heidi und ihren Nähkünsten sei Dank, konnten wir das Zelt dann doch noch benutzen. Die kleinen Köder fanden das alles unheimlich spannend und gingen uns gehörig auf den Geist. Niedlich waren die kleinen Pelzviecher schon, aber sie ließen uns keinen Handgriff alleine machen.

Letztendlich schafften wir es doch noch unsere Zelte aufzubauen und wir starteten zu einer Stadtbesichtigung. Sisimiut ist mit ihren ca. 5.500 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Grönlands. Nur Nuuk mit ca. 18.000 Einwohnern ist größer. Auf ganz Grönland, was im Übrigen 6x so groß wie Deutschland ist, leben nur um die 57.000 Einwohner. Kennzeichnend für Grönland sind die hübschen bunten Holzhäuser, hauptsächlich in Blau- und Rottönen. Sisimiut ist recht modern. Auch Internet gibt es hier mittlerweile standardmäßig. 

 

Wenn man schon in der Zivilisation ist, kann man sich auch gleich um richtige Nahrung kümmern. Wir inspizierten einen Laden, wo es frischen Fisch, Walfleisch und Moschusochse gab. Wir entschieden uns für Walsteaks und nahmen noch Seesaiblinge für den nächsten Tag mit. Danach stand ein ganz wichtiger und herbeigesehnter Punkt auf dem Plan: Duschen und rasieren im Seemannsheim! Erstaunlich, wie herrlich eine erste Dusche nach 4 Tagen sein kann, zumal bei diesem Schmuddelwetter. Und endlich rasieren. Ein Traum. Vor dem Duschen gab es aber noch etwas ungeheuer wichtiges zu erledigen. Wir hatten seit 4 Tagen keinen Strom. Dafür gibt es hier auf der Insel aber ziemlich viel zu fotografieren und filmen. Da das heutzutage hauptsächlich digital passiert, hat man nach kurzer Zeit ein Energieproblem. Ich hatte mir extra 3 Akkus für den Fotoapparat mitgenommen und bis jetzt gab es auch noch keine Probleme. Allerdings hatten einige 2 Fotoapparate und teilweise Digitalkameras mit. Auch die Handys konnten in seltenen Fällen benutzt werden. Wir wussten, dass es übermorgen auf der Fähre in der Kajüte Steckdosen geben wird, aller Voraussicht nach aber nur dort. Und da es im Seemannsheim Strom gab, baten wir die Rezeption einige unserer Akkus aufzuladen, was freundlicherweise auch prompt erledigt wurde.

Danach hatte Astrid ein echt grönländisches Essen bei einem guten Bekannten organisiert. Und so machten wir uns auf den Weg zu Aalibak und Rebecca. Die beiden hatten eine Menge aufgetischt: Unter anderem gab es getrocknete Stinte und Dorsch, Mattak (Zwergwal- und Narwalhaut), Schweinswal, Robbenleber und  Krähenbeeren mit Seewolfleber. Alles natürlich roh. Und ohne Grünzeug wie Salat oder Gemüse. Vor so was Vegetarischem würde sich ein Grönländer ekeln! Wächst hier nicht, wird also auch nicht konsumiert. Erstaunlicherweise waren die Sachen alle recht köstlich. Mattak war nicht so mein Fall, was aber nicht am Geschmack sondern eher an der knorpeligen Konsistenz lag. Zum Abschluss gab es noch Kaffee und leckeren Kuchen, den Rebecca natürlich selbst gebacken hatte. Ein netter Nachmittag bei guten Freunden. Wer wollte, konnte auch noch etwas Kunsthandwerkliches kaufen. Z.B. baut Aalibak selbst höchst filigrane Kajaks aus Holz.

Dann ging es zurück zum Zeltplatz. Unterwegs kauften wir im Supermarkt noch ein paar Dinge zum Kochen und für das Frühstück. Zum Abendessen gab es die Walsteaks mit gebratenen Zwiebeln und Kartoffeln (Kartoffeln und Zwiebeln? Alles importiert...). Super lecker! Und dann tauchten noch Aalibak und Rebecca zum Quatschen auf. Und dass, obwohl Rebecca querschnittsgelähmt ist und im Rollstuhl sitzt, Respekt! Weiterhin kam noch Matthew, ein alter (bzw. junger) kanadischer Bekannter Astrids dazu. Es war ein schöner netter Abend im Zelt, nach einem netten aber ziemlich verregnetem Tag (bei 11 °C). Diesmal gingen wir zeitig in unsere Schlafsäcke, die letzte Nacht war doch sehr kurz gewesen. Aber morgen können wir endlich ausschlafen!

  

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